Richard Rendl
1946 in Wien geboren,
1966 – 1977 Studium an der Hochschule (aktuell Universität) für angewandte Kunst, mit vierjähriger Unterbrechung.
Zu meiner Arbeit: Die bei meinem Studienbeginn 1966/68 omnipräsente abstrakte Kunst erschien mir in allen Ausformungen als ungenügend. Ich hatte das Verlangen nach einer Formensprache welche die Möglichkeit des Ausdrucks komplexer Sinnzusammenhänge bietet und hierzu war die „Abstrakte“ nicht imstande.
Mein Streben war, Inhaltlichkeit nicht bloß als einen symbolischen, analogen Überbau zu begreifen, sondern Inhalte aus den formalen Elementen selbst zu deduzieren und hierzu eine Syntax zu generieren. Meine Intervention damals war ein Vorgriff auf die Digitalisierung, nämlich aus der Singularität der “Monade – Holon” komplexe Systeme, eine Bildsprache, ein Verbundenheitsgewebe zu entwickeln, das später mit Linienstrukturen, Zahlensymbolik, Geometrien, Symmetriemustern, Schwingungsfiguren und Farbsymbolik ausgebaut wurde und dadurch Plausibilität gewonnen hat. Ich nehme hierbei ausdrücklich Bezug auf die Beschreibungen von Materie in der neuen Physik als Beziehungsstruktur und nicht als dinghaftes Etwas, nach Alfred North Whitehead setzt sich Materie nicht aus Substanzen, dinghafter, passiver Materie, sondern aus elementaren ineinander greifenden und miteinander verwobenen Prozessen und Relationen zusammen.
Im Rückblick, nach 50 Jahren Kunstarbeit, war 1968–1971 der systemische Schlüssel zu meinen folgenden künstlerischen Perioden: beginnend mit meiner digitalisierenden “Monaden – Holon Rhythmik” (Holon: „das Teil eines Ganzen Seiende“), habe ich das endlose Pendeln zwischen Informeller und Geometrischer Abstraktion, sowie der analogen Symbolik des Abbildhaften durchbrochen und einer neue Bildsyntax den Weg gebahnt.
Die Bilder der Folgeperiode "Kosmogramme" sind ebenso eine Schlüsselphase, hier bin ich spontan zu Archetypen durchgestoßen, die Bilder fußen auf einem transpersonellen Durchbruch.
Es folgten viele Jahre der Ausarbeitung diverser Matrix- und Symbolsysteme.
Mit den Stilgruppen “Matrix“ und “Symbolik“ transformierte ich die digitale Monaden- oder Holonrhythmik zu Linienmodulen.
Dieses Werkzeug ermöglichte mir Inhalte nicht bloß defizient analog abzubilden, sondern aus tieferen Bewusstseinsschichten mittels Rhythmen, Zahlen, Symmetriemustern, Schwingungsfiguren und Geometrien neu zu generieren, z B. bezog sich meine formale Symmetriegesetzlichkeit auf die Cherubimsymbolik der jüdischen Überlieferung. Diese Systematik ermöglichte mir Ergebnisse äußerster Komplexität, durch Integration vielfältiger Ebenen zwischen Bewusstsein und Unbewusstem bzw. Herz und Verstand.
Im Ordner Psychogramme sind Arbeiten aus vielen Lebensabschnitten in einem spontanen malerischen Duktus zusammengestellt.
Weitere Themen:
Die Abstraktionen der "objektiven" Wissenschaft wieder in den sinnlich erlebbaren, anschaulichen Bereich des Humanen hereinzuholen, der Ausgleich zwischen Weiblichem und Männlichem.
“Vereinheitlichte Textur der Weltreligionen und Gottesnamen“, 1987–1995: in diesen Bildern arbeitete ich mit räumlichen Sprach- und Bildelementen, es werden jüdische, christliche, moslemische und Sanskritzeichen zu Bedeutungsträgern; die Menschheits- und Versöhnungsthematik äußert sich auch in einem Geflecht der Personalpronomina als Verortung jeder möglichen Beziehungen.
Die Serie “Lichtkreise“ bringt kosmologische Prozesse wie Primordiale Matrices.
Im neuen Ordner „Transsysteme“, bis 2024, reflektiert das Bild “Quell des Seins“: kultur- und religionsgeschichtliche Grundformen. Der Hintergrund zeigt in Entsprechung zur physikalischen Realität numerische Raum-Zeit-Module als eine Art Gewebe der Raumzeit, durchbrochen von Quantenfeldern und –schleifen.
Die Parabelsymbolik, in vielen meiner Bilder, steht für Urzeugung: ein einzelnes Lichtquant als Welle dringt in einen der Parabelstrahlen ein, sobald es den Scheitel erreicht hat potenziert es sich unendlich und strömt als weißes Licht aus beiden Parabelstrahlen heraus.
Das Bild “Null Punkt Feld“ zeigt Kriterien der Genesis: aus dem Hintergrundfeld, dem Nullpunktfeld oder Meer aller Möglichkeiten, entwickeln sich Raumzeitformen in numerischer Progression, Umkehrung und Regression, Symmetrievariablen und deren Brüche sowie übergreifende Ebenen als systemische Kopula. Das Bild hat formelhaften Charakter.
Prozesse der Asymmetrie werden in den Bildern “Wiederherstellung“ und "At the end of times", dargestellt. Das Bild „Donna Divina“ evoziert „Das Schöpferisch Weibliche“ (1997– 99 und 2021).
Dies sind Beispiele einer Neuverschränkung von Form und Inhalt wie anfangs thematisiert;
im Bild, „Ich bin geboren worden“, (2022 - 2024), zeigt sich schließlich Freiheit im systemisch Ordnungshaften.
Richard Rendl
Mail.: richard.rendl@chello.at